Donnerstag, 22. Oktober 2015

Heute vor einem Jahr

Meine lieben Leute,
wie die Meisten von euch bestimmt schon mitbekommen haben, bin ich schon längstens wieder in der Schweiz angekommen und stehe Mitten im Uni-Alltag. Trotzdem will ich die Zeit nutzen und an dieser Stelle auf meine Zeit im Libanon zurück zu schauen.
Vermutlich hat mein Fernweh/meine Nostalgie damit zu tun, dass ich gerade heute ein libanesisches Gericht gekocht habe. Die kleinen mit Spinat gefüllten Teigtaschen und Manouche Zaatar schmeckten mir damals ausgezeichnet und umso glücklicher bin ich nun über das mehr oder weniger gelungene Ergebnis:
Das Rezept ist hier zu finden.
Zum Glück hatten mich die Schwestern von Kfar-Mashoun kurz vor meiner Abreise Mitte Juni noch zu sich eingeladen und mir selbstgemachte Spezialitäten wie Oliven, Zaatar oder Sumac mitgegeben. Dank der langen Haltbarkeit der Gewürze, werde ich noch lange meine Mitmenschen mit Gerichten aus original libanesischen Zutaten bekochen. Um das Aufessen kümmere ich mich ebenfalls persönlich...
Heute vor einem Jahr war ich bereits in Bikfaya und machte kurz nach Sonnenuntergang diese Aufnahme:
Jeweils am Abend machten Mona, unsere Schlummermutter bei Message de Paix, und ich einen Spaziergang durch das Städtchen. Nach wenigen Wochen kannte ich mich gut genug aus, um alleine auf Entdeckungstour zu gehen und so lernte ich jeden Winkel und jedes Weglein in Bikfaya kennen. Nicht zu vergessen sind da die unzähligen Treppen, welche vor allem in früherer Zeit wichtige Verbindungslinien waren. Sie sind typisch für libanesische Ortschaften der bergigen Regionen. Es ist darum nicht unwahrscheinlich, sich während dem Verdauungsmarsch nach dem Znacht, wie ein Bergsteiger zu fühlen. Apropos Verdauungsmarsch: im Libanesischen gibt es einen witzigen Spruch, der sich auf genau das bezieht: Ghada wa d-madda, easha wa d-masha. Mittagessen und sich dann hinlegen, Abendessen und danach marschieren. (Falls jemand die genaue arabische Schreibweise kennt, gerne melden!)
Na dann, einen guten Spaziergang!

Donnerstag, 12. Februar 2015

eine fahrt auf der stimmungsachterbahn

Elf Monate im Ausland, weit weg von Familie & Freunden, würden nicht einfach werden. Das war mir schon klar. Aber es gibt Zeiten, da ist es wirklich hart. Im Moment befinde ich mich in einem dieser Stimmungslöcher, was sehr anstrengend für mich und die Menschen um mich herum ist. Auf der einen Seite versuche ich mich selbst aufzumuntern und zusammenzuraffen und auf der anderen Seite bin ich einfach nur müde. In letzter Zeit häuften sich viele negative Kleinigkeiten aneinander, die mich seit drei Tagen herunterziehen. Probleme mit dem Visa, Langeweile, zu wenig Aktion, Routine & Alltag, Heimweh, schlechtes Wetter und schlussendlich Gym-Verbot sind einfach zu viel für mich. Oft denke ich an eine Rückkehr in die Schweiz, sei es auch nur für einen Monat.
Wie bitte? Das gefällt meinem zweiten Ich ganz und gar nicht! Du willst jetzt, genau in der Halbzeit, alles abbrechen und heim zu Mama rennen? So läuft das nicht, mein Kind! Denk an all die neuen Menschen die du bisher getroffen hast und die du noch treffen wirst, stell dir den warmen Frühling vor, der hier schon viel früher beginnt! Dein Auftrag ist noch nicht erledigt, es gibt noch so viel zu entdecken! Wenn du jetzt gehst, geprägt von deiner schlechten Stimmung, wirst du wahrscheinlich keine grosse Lust haben, zurückzukehren...
Dieses Bild habe ich während meiner Zeit in Kfar Mashoun auf dem Dach des Hauses aufgenommen. Auch damals hatte ich eine trübe Phase, jeder Tag war gleich. Genau aus diesem Grund scheint mir diese Aufnahme sehr passend zu meiner jetzigen Lage. Auf den ersten Blick scheint vieles grau und eintönig, doch es gibt so viel Buntes, wenn man nur an die richtige Stelle schaut! Am Besten einfach im Schneidersitz hinsetzen, mit offenen Händen abwarten und die Farbe wird zurückkehren! Inshallah!

Dienstag, 27. Januar 2015

von schnee und strand

Seit Ende Dezember liegt in den höheren Regionen des Libanon Schnee. Auch Bikfaya blieb für etwa drei Wochen nicht unverschont, was ich am eigenen Leib zu spüren bekam. Da meine Heizung nur sich selbst erwärmt, war es eine Woche lang extrem ungemütlich in meinem Zimmer. Zum Glück wurde der Temperatursturz von einer "Hitzewelle" abgelöst und ich beginne mich nun nach dem Meer zu sehnen.
Oft wurde mir gesagt, dass es hier möglich ist, am selben Tag in den Bergen Ski zu fahren und im Meer zu baden. Ehrlich gesagt dachte ich mir immer, dies sei eine von Nationalstolz geprägte Aussage, denn auch ich übertreibe gerne ein wenig, wenn es um die Schweizer Natur geht. Beispiel: der Seealpsee im Appenzellerland mit seiner unausstehlichen Wassertemperatur.
Am vergangenen Wochenende wurde ich dann des Besseren belehrt. Gemeinsam mit sieben jungen Frauen und einem Chauffeur, der uns den ganzen Tag begleitete, fuhr ich in die Berge nach Laqlouq.

Schneeball-Qualitätstest 
Während die Mehrheit mit dem aufnehmen von Selfies und Schneeengelfotos beschäftigt war, schlichen wir zu zweit davon, um uns die Umgebung genauer anzusehen. In wenigen Minuten gelangen wir zu einer Skipiste und begannen auf unseren Schuhen den Hang herunter zu rutschen. Hoffentlich werde ich bald die Möglichkeit haben, auf Brettern die Pisten unsicher zu machen!
Piste von Laqlouq
Einen Tag später führte uns die Reise nicht in die Berge, sonder an die Küstenstädte Jbeil und Batroun. Dort herrscht zwar ebenfalls viel Tourismus, jedoch ein ganz anderes Klima. Der Pullover wurde schnell zur warm und mit den langen Jeans kamen wir alle ins Schwitzen. Zusammen mit Adrian Gander, dem Graffiti-Künstler aus der Schweiz, und drei jungen SLS-Mitgliedern liefen wir durch die verwinkelten Gässlein von Jbeil, schossen unzählige Selfies (entgegen meines Interesses), stiegen auf den Turm beim Hafen und assen Falefel mit Full und Hommus.
Hausnummern des Fischerclubs
Innenhof des Fischerclubs von Jbeil
Blick auf Jbeil vom Hafenturm aus
Eingang zum Souk und Citadelle
Mit vollen Bäuchen fuhren wir nach Batroun, ebenfalls eine uralte Stadt am Meer. Steve zeigte uns seine Heimatstadt und bald verstanden wir, warum er Batroun Beirut vorzieht. Obwohl dieser Ort am Tag mehr einem Dorf gleicht, gibt es auch eine grosse Auswahl an Night Clubs und Bars, welche die Nacht verwandeln. So beendeten wir unseren Ausflug mit einem Bier in der Brauerei Le Colonel, einem jungen und alternativen Lokal, nicht weit vom Strand.

Bierprobe bei Le Colonel
Eine wichtige Bemerkung zum Schluss: Das Klischee ist wahr, wir haben am Strand Kinder baden sehen!
vor dem Hafen von Batroun

Montag, 10. November 2014

living a good life

Zuerst möchte ich mich entschuldigen, mich so lange nicht gemeldet zu haben. I'm really sorry!
Unter der Woche arbeite ich jeweils am Morgen in einem der Ateliers (siehe vorheriger Post) und am Nachmittag helfe ich im Foyer von Message de Paix mit. Seit dem 3. November teilen die Verantwortliche Mona und ich das "centre d'acceuil de nuit (CAN)" mit neun Jugendlichen und Erwachsenen. Die Wochenenden verbringe ich praktisch jedes Mal an einem anderen Ort und dies ist auch die Zeit, in der ich den Libanon so richtig entdecken kann.
Von meinem Wochenende in Zahlé möchte ich in diesem Beitrag genauer berichten. Zahlé ist eine der grösseren Städte auf der anderen Seite des Libanongebirges am Rande der Bekaa-Ebene.
Blick auf die Bekaa-Ebene und Grenzgebirge zu Syrien
Gemeinsam mit Zeena, der Verantwortlichen für den Deko-Shop von Message de Paix, erreichte ich nach ca. einstündiger Fahrt ihre Heimatstadt. Noch nie war ich auf der anderen Seite der Berge gewesen und hatte überhaupt keine Ahnung, wie es dort ist. Die gigantische Bekaa-Ebene raubt einem wirklich den Atem!
Innerhalb von kürzester Zeit besuchten wir drei Freunde, assen Lubie bi Zeit (eines meiner liebsten Bohnengerichte) und machten uns bereit für meinen ersten Ausgang im Libanon. 
Müde vom Tanzen machten wir uns nach einem unterhaltsamen Abend in einer kleinen Bar auf den Heimweg, aber nicht ohne unterwegs einen Mitternachtsimbiss aus der 24h-Bäckerei zu besorgen.
Auch am Sonntag hatten wir ein vollgepacktes Programm: Freunden beim Umziehen helfen, Velotour zu einem Weier sowie Spaziergang im Park. Da wir in der neuen Wohnung von Zeenas Freunden so lange die Aussicht genossen, reichte es nur noch für den Spaziergang und die Fahrräder werden wir ein anderes Mal austesten. Es hat sich jedoch gelohnt:
Das Wochenende schlossen wir mit einem gemütlichen Filmabend (und natürlich Essen) ab und am Montag gings früh am Morgen zurück nach Bikfaya, wo die Arbeit schon wartete.




Montag, 20. Oktober 2014

später als geplant - früher als erwartet

Oh ja, und was es alles zu berichten gibt!
Wie aus dem Titel zu erraten ist, hat es wieder eine Planänderung gegeben. Nach Sr. Mona-Maries Rückkehr ging es nicht lange und schon war ich auf dem Weg nach Bekfaya. Bevor ich jedoch die Koffer packte, erhielt ich Besuch aus der Schweiz: Catherine und Laurent aus Genf, ebenfalls Freunde von SLS. Es tat extrem gut sich mit Landsleuten über all unsere Erlebnisse im Libanon auszutauschen, auch wenn ich nicht in meiner Muttersprache (welche ich einwenig vermisse) plaudern konnte.
Nun bin ich schon seit dem siebten Oktober im Foyer von Message de paix, ein Zentrum für Jugendliche und Erwachsene mit verschiedenen Behinderungen.
Kein Tag gleicht dem anderen, denn mein Programm konnte ich bis jetzt selbst zusammenstellen. Schritt für Schritt lerne ich die verschiedenen Bereiche im Zentrum kennen und bald werde ich aktiv mithelfen.
Je nach körperlicher oder geistiger Einschränkung sind die Personen in Gruppen eingeteilt. So gibt es ein Atelier zur Herstellung von Kerzen, eines für Dekoration und eine weitere Gruppe kümmert sich um die Küche. Im CAJ (Centre d'activite de jour) verbringen circa 30 Jugendliche und Erwachsene ihren Tag mit verschiedenen Aktivitäten, z.B.  Sport, Gestalten und Kochen. Dadurch soll der soziale Kontakt gefördert und dem Tagesablauf eine Struktur gegeben werden.
Noch steht nicht fest, wo und wie ich genau arbeiten werde. Ich versuche jedoch, euch auf dem Laufenden zu halten!